Vom Paternschloß zum Handwerksmuseum
Auflösung der Grafschaft Ortenburg
Im Jahre 1848 ordnete Kaiser Franz Joseph per Gesetz die Grundentlastung an. Die Beseitigung der Grundherrschaft (die Abschaffung der Untertänigkeitsverhältnisse) führte in der Folge auch zur Auflösung der Grafschaft Ortenburg. Nach der Zeit schwindet mit der Macht auch der herrschaftliche Glanz der Porcia.
In diese Periode – Fürst Alphons Seraphin übernahm 1835 noch als Graf von Ortenburg die Regentschaft bis 1876 – fiel auch der Verkauf des “Schlosses” in Unterhaus.
Ritter von Gröller
Gustav Ritter von Gröller, Linienschiffskapitän der k.u.k. Kriegsmarine, erwarb 1871 das gesamte Areal und das Klostergebäude mit der Herzoghube und den dazugehörigen Feldern und Waldbesitz. Das Kloster in Unterhaus wird nun für ihn und seine Familie ständiger Wohnsitz. 1894 starb Gustav Ritter von Gröller auch in seinem Schloß in Unterhaus. Er wurde an der Ostseite der Baldramsdorfer Kirche in der Gruft bzw. “Ruhestätte der Ritter von Gröller zu Ortenburg” beigesetzt.
Kloster zu verpachten
Bereits 1895 erscheint im Kärntner Gemeindeblatt ein “Verzeichnis über Kärntner Sommeraufenthaltsorte”. Darin ist unter anderen angeführt das Kloster in Unterhaus als “Privathaus der Auguste von Gröller (Anm.: die Witwe des Vorgenannten) mit 40 Zimmern, geschlossenen Gängen, großem Garten, schöner Lage (auch im Ganzen an einen Unternehmer zu verpachten)”. Diese Notiz ist auch ein erster Hinweis auf die Schwierigkeit um den Erhalt eines so großen Gebäudes als Familiensitz.
Gröllers Schwiegersohn Lambert Freiherr von Alber-Glanstätten, k.u.k. Generalkonsul in Triest, restauriert das Schloß, lässt 1908 eine eigene Wasserleitung legen und 1912 einen Turm anbauen und die Zinnen an den südlichen Stirnseiten des u-förmigen Gebäudekomplexes aufmauern. Das Dach wurde weiters mit Eternitplatten neu gedeckt.
Kaufen und Verkaufen
Von den Kindern des bereits verstorbenen Ehepaares Alber-Glanstätten wurde 1926 der gesamte Besitz in Unterhaus verkauft. Als Käufer der Liegenschaft nennt 1926 das Pfarrbuch in Baldramsdorf Herrn Hans Hild, Frächter einer Holzhandelsgesellschaft in Wien, und Herrn Franz Baldreich, Gastwirt in Wien II und Landwirt in Neulengbach. Der Preis wird mit S 53 000.- angegeben. Angeblicher Zweck des Kaufes: Errichtung einer Fremdenpension.
In der Folge wird die Wiener Versicherungsgesellschaft “Phönix” Besitzerin des Areals und Klosters.
Zurück in den Besitz der Gemeinde
1939 wird das Schloß in Unterhaus in einem Schenkungsvertrag von der Versicherung an die Gemeinde Baldramsdorf übergeben. Gleichzeitig kauft Martin Egger das daneben liegende ehemalige “Gasthaus zum Herzog”, in dem noch einige Familien untergebracht waren. Diese mussten nun ausziehen und erhielten Wohnräume im Schloß. Im Hofparterre des Paternschlosses lebten jetzt 3 Familien, im 1. Stock 4 Familien, im 2. Stock 3 Familien. Räume standen außerdem für den Landdienst, für die Hitlerjugend und den Bund deutscher Mädchen zur Verfügung. Der große Saal (das ehemalige Refektorium des Klosters) diente als Holzlage. Ab dem Jahr 1941 waren französische Kriegsgefangene, die teils bei den umliegenden Bauern arbeiteten, untergebracht. Die Bewachungsmannschaft der Gefangenen – meist drei Mann – hatten ihr Quartier im 2. Stock des Hauses.
Nach dem 2. Weltkrieg
Auch nach dem 2. Weltkrieg diente das Schloß in erster Linie als Wohngebäude. Das umliegende, dazugehörige Grundstück, auf dem noch alte Obstbäume standen, bot genügend Platz für Hausgärten, Holzhütten und Brennholzstapel.
Im Jahre 1970 sind von den 60 Räumen im Schloß noch 58 durch 23 Mietparteien belegt. Die Erhaltungskosten für das Haus übersteigen bei weitem die Mieteinnahmen und belasten das Gemeindebudget stark.
Die Suche nach kostendeckender Nutzung bzw. finanzkräftigen Käufern gipfelt im November 1970 in groß aufgemachten Zeitungsschlagzeilen “Ritterschloß zu verkaufen”. Letztendlich bleibt der Besitz aber in Gemeindehand. Manche der Bewohner errichten sich im Laufe der Jahre ein Eigenheim in Baldramsdorf oder zogen in neue Wohnungen, wodurch Räume im Schloß leer wurden.
Von der Idee zum Museum
Die Idee zur Errichtung eines Museums – insbesondere eines Handwerksmuseums – wurde vom damaligen Bürgermeister Michael Taurer wieder aufgegriffen und als Antrag dem Fördererverband des Bezirksheimatmuseums in Spittal in der Jahreshauptversammlung Ende 1973 unterbreitet.
Das Vorhaben fand wohlwollende Unterstützung seitens der eigenen Gemeinde, von Prof. Helmut Prasch und dem Bezirksheimatmuseum, von vielen Gewerbetreibenden des Bezirkes, der damaligen Kammer für Handel und Gewerbe mit Präsident Karl Baurecht und einer großen Zahl freiwilliger Mitarbeiter.
In den Jahren 1976/77 konnte mit der Adaptierung der Räume und Einrichtung des Handwerksmuseums im Erdgeschoß des “Paternschlosses” in Unterhaus begonnen werden. Für das gelagerte Brennmaterial, das Holz, die Geräte und die Hütten im Hof errichtete die Gemeinde Baldramsdorf als Ersatz mehrere Holzlagen unterhalb des Hauses.
Eröffnung am 19. Juni 1977
Bei der Eröffnung am 19. Juni 1977 gehörten 12 Zimmer im Parterre, 1 WC und Waschraum, der große Festsaal und 2 Zimmer im Turm zum Handwerksmuseum. Mit Mai 1996 erstreckt sich der Museumsbereich auf 14 Räume mit dem langen Gang im Hofparterre, derzeit 4 Räume im 1. Obergeschoß und 9 Räume im 2. Obergeschoß (gibt 27 Ausstellungsräume).
Das Haus in Unterhaus – ehemals als Kloster gegründet, dann Schloß und Wohngebäude – bekam nun wieder eine zusätzliche kulturelle Bedeutung als Museum, die im Laufe der Jahre, seit der Einrichtung des Handwerksmuseums und dem raschen Anwachsen des Sammlungsbestandes, stetig zunahm. Heute ist das Museum ein unverzichtbarer Werbeträger und ein kultureller, von Einheimischen und Gästen gern besuchter Mittelpunkt in der Gemeinde Baldramsdorf.
Quellen und Anmerkungen
Als Quelle für den Artikel dienten das Pfarrarchiv von Baldramsdorf, verschiedene Zeitungsartikel und persönliche Mitteilungen und Berichte von Baldramsdorfern.
Die zwei von Michael Taurer zur Verfügung gestellten Fotografien aus dem Jahre 1970 wurden von Ing. Fitz Köstenbauer aufgenommen. Wir danken für die Überlassung dieser Fotos und manche Informationen für die Zeit nach dem 2. Weltkrieg.
Alle Bilder zum Artikel stammen aus dem Fotoarchiv des Handwerksmuseums Baldramsdorf. Die Entwicklung des Handwerksmuseums seit 1977 ist ausführlich dargestellt in den “Baldramsdorfer Museumsblättern” Nr. 1/95. Zur “Baugeschichte des Klosters” siehe die Museumsblätter Nr. 2/95.